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Fruchtausdünnung – überzählige Früchte entfernen

Autor: Dr. Michael Neumüller
Zuletzt bearbeitet: 4. Juli 2023
Kategorie: Frühling

Fruchtausdünnung: Überzählige Früchte entfernen

Sofern die heurigen Spätfröste nicht zu viele Blüten oder junge Früchte geschädigt haben, hängen zumindest an manchen Bäumen zu viele junge Früchte am Baum. Hier steht nun eine wichtige Arbeit an – die Fruchtausdünnung. Wer Jahr für Jahr gut schmeckende Früchte von seinen Obstbäumen ernten möchte, muss spätestens Ende Mai überzählige Früchte von Hand entfernen. Diese Maßnahme wird „Fruchtausdünnung“ genannt und zählt zu den wichtigsten Pflegearbeiten im Obstgarten. Ihre Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nachstehend erfahren Sie, wie die Bäume der einzelnen Obstarten richtig ausgedünnt werden.

Fruchtausdünnung beim Apfel

Äpfel und Birnen

Aus den Blütenknospen von Apfel- und Birnbäumen entwickeln sich bis zu zehn Einzelblüten. Pro Blütenbüschel bleiben mitunter drei bis fünf Früchte hängen. Bei der Fruchtausdünnung vereinzelt man die Früchte auf eine Frucht pro Blütenbüschel. Stets wird die größte und schönste stehen gelassen, die kleineren werden mit dem Fingernagel abgeknipst oder mit einer Schere abgeschnitten. Die Fruchtausdünnung muss bis zum 10. Juni abgeschlossen werden.

Alternanz am Beispiel von Säulenäpfeln: Der erste und dritte Baum von links sind im Vorjahr nicht ausgedünnt worden und tragen daher heuer keine Blüten. Anders beim zweiten und vierten Baum von links

Hintergrund: Warum vor dem 10. Juni ausdünnen?

Entscheidend für einen regelmäßigen Ertrag ist die Zahl der Blüten, die im Frühjahr am Baum aufblühen. Die Blütenknospen, aus denen sich die Blüten entwickeln, bilden sich nicht erst im Frühjahr, sondern wurden bereits im Vorjahr angelegt. Schon im Juni des Vorjahres fällt die Entscheidung, ob aus einer Knospe eine Blüten- oder Blattknospe für das Folgejahr wird. Entscheidend für einen regelmäßigen Ertrag ist also, im Juni die Entwicklung des Baums so zu begünstigen, dass sich für das Folgejahr ausreichend viele Blütenknospen bilden. Hier kommt nun die Fruchtausdünnung ins Spiel:

In den jungen Früchten, die sich nach der Befruchtung aus den Blüten entwickeln, wachsen Samen heran. Diese Samen bilden bestimmte pflanzliche Hormone (sog. Gibberelline). Diese werden über die junge Frucht und den Fruchtstiel in die umliegenden Triebe verlagert und verhindern, dass sich die Knospen, die sich dort parallel zur Fruchtenwticklung bilden, zu Blütenknospen für das Folgejahr entwickeln. Deshalb müssen bis spätestens Anfang Juni alle überzähligen Früchte vom Baum entfernt sein. So wird auch die Zahl der wachsenden Samen reduziert und damit die Konzentration der Hemmstoffe für die Blütenknospenbildung erniedrigt. Die Folge: Es bilden sich jedes Jahr viele Blütenknospen als Voraussetzung für einen regelmäßigen Ertrag.

Natürlich gibt es einen zweiten wichtigen Grund für die Ausdünnung: Nur, wenn nicht zu viele Früchte am Baum hängen, werden die Früchte groß, schmackhaft und haltbar. Bei Überbehang bleiben sie klein, unansehnlich und schmecken nicht, weil sie zu wenig Zucker eingelagert und nur wenig Aromastoffe gebildet haben.

Ausdünnung lohnt sich also allemal! Kleinkronige Bäume bieten auch hier einen entscheidenden Vorteil: Sie können die überzähligen Früchte vom Boden aus, ganz ohne Leiter – entfernen.

Was passiert, wenn man zu spät ausdünnt?

Hängen am Baum im Juni zu viele Früchte, wirft der Baum von sich aus einige Früchte ab. Dies wird als Junifruchtfall bezeichnet. (Wer vorher von Hand ausgedünnt hat, braucht sich keine Sorgen um den Junifruchtfall zu machen, denn der fällt dann weitgehend aus.) Ab dem Junifruchtfall hat eine Handausdünnung kaum mehr einen fördernden Einfluss auf die Blütenknospenbildung für das Folgejahr. Lediglich die Fruchtqualität im Jahr der Ausdünnung steigt, zumindest dann, wenn bis Mitte Juli ausgedünnt wurde.

Wie viele Früchte dürfen am Baum hängen bleiben?

Bei Spindelbüschen von Apfel- und Birnbäumen gilt folgende Faustregel:

  • Erstes Standjahr (erste Vegetationsperiode): Insgesamt dürfen nur 2 Früchte hängen bleiben. Der Baum soll erst einmal viele Wurzeln und Triebe bilden und nicht durch sehr frühzeitigen Fruchtbehang geschwächt werden.
  • Zweites Standjahr: 10-15 Früchte (ca. 3 kg)
  • Drittes Standjahr: 50 Früchte (ca. 10 kg)
  • Viertes Standjahr: 80 Früchte (ca. 15 kg)
  • ab dem fünften Standjahr: 100 bis 120 Früchte (ca. 20 kg)
Nektarine 'Fantasia'

Aprikosen und Pfirsiche/Nektarinen

Auch auf Aprikosen-, Pfirsich- und Nektarinenbäumen können zu viele Früchte hängen. Vereinzeln Sie Aprikosen auf einen Abstand von 8 cm von Frucht zu Frucht. Bei Pfirsichen ist es sogar ausreichend, wenn alle 15 cm eine Frucht hängt. So ernten Sie große, hoch aromatische Früchte, die ihresgleichen suchen.

Wegen der Spätfröste im heurigen Frühjahr ist es aber nur selten der Fall, dass Sie Aprikosen ausdünnen müssen. Deren Blüten sind vielerorts erfroren - außer in geschützten Lagen mit gut geeignetem Mikroklima. Pfirsiche sind deutlich weniger spätfrostgefährdet.

Früchte der Zwetschgensorte Moni

Pflaumen und Zwetschen

Pflaumen und Zwetschen haben die diesjährigen Spätfröste erstaunlich gut überstanden, nun hängen vielfach zu viele Früchte an den Bäumen. Gebietsweise ist aber Überbehang festzustellen. Bei großfrüchtigen Sorten wie ‘Haganta’ muss auf einen Abstand von 8 cm, bei kleinfrüchtigen auf einen Abstand von 4 cm von Frucht zu Frucht ausgedünnt werden. Warten Sie damit aber bis Anfang Juni, denn es kann sein, dass aufgrund der kühlen Witterung stärkerer natürlicher Fruchtfall einsetzt, den Sie zunächst abwarten sollten.

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