Steinobstbäume sterben ab: die häufigste Ursache ist ein Bakterien-Befall

Im heurigen Jahr sterben auffällig viele Steinobstbäume mitunter spontan im Lauf des Jahres ab. Sehr häufig liegt es daran, dass bestimmte Pseudomonas-Bakterien die Pflanze stark schädigen. Der sogenannte Bakterienbrand kommt sehr häufig beim Steinobst, mitunter aber auch bei Kernobst vor. Die nasskalte Witterung in der zweiten Aprilhälfte und die vielen Niederschläge im weiteren Jahresverlauf fördern das Auftreten der Krankheit.
Tausende verschiedener Mikroorganismen leben im Gartenboden – und das in unvorstellbarer Zahl. Darunter sind viele Bakterien. Zu ihnen zählen Pseudomonas-Bakterien. Sie kommen häufig in unmittelbarer Nähe der Wurzeln vor, in der Region des Bodens also, die von den Pflanzenwurzeln unmittelbar beeinflusst wird, z. B. durch Wurzelausscheidungen und die Aufnahme von Nährsalzen und Wasser. Sie ernähren sich vor allem durch den Abbau organischer Substanz. In aller Regel verursachen die Pseudomonas-Bakterien keine Krankheiten bei Pflanzen.

Bakterienbrand des Steinobstes, hervorgerufen durch Pseudomonas-Bakterien
Allerdings gibt es Ausnahmen. Insbesondere Pflanzen, die durch Stressfaktoren beeinträchtigt sind, können von bestimmten Pseudomonas-Arten (z. B. Pseudomonas syringae pv. mors-prunorum) befallen werden. Dabei dringen die Bakterien in die Pflanzen ein und schädigen das Pflanzengewebe. Werden junge Triebe befallen, stirbt der Trieb oberhalb der Infektionsstelle meist rasch ab. Sind ältere Triebe oder der Stamm betroffen, bilden sich zunächst meist lokal begrenzte Nekrosen, die oftmals unentdeckt bleiben, weil sie lange unter der Borke verborgen bleiben. Erst nach einiger Zeit werden sie als leichte Einsenkungen erkennbar. Mitunter erst nach einigen Jahren vergrößern sich die befallenen Bereiche. Erst dann werden im darüberliegenden Triebabschnitt Symptome sichtbar: Umfasst die Nekrose den gesamten Trieb/Stamm, welken die darüberliegenden Blätter rasch. Ist es heiß und trocken, können die Triebe innerhalb weniger Tage verdorren. (Bei Aprikosenbäumen, die sehr empfindlich sind, spricht man vom Schlagsterben oder von Apoplexie.) Ist es feucht, zögert sich das Absterben deutlich hinaus. Ist der Trieb/Stamm nur teilweise geschädigt, wachsen die Triebe langsamer weiter. Die Blätter, die oberhalb der Infektionsstelle ansetzen, bleiben kleiner, sind etwas spitzer und hellen auf. Früchte oberhalb von Befallsstellen reifen deutlich früher und haben eine schlechtere innere Qualität. (Pseudomonas kann beim Steinobst auch schrotschussähnliche Blattsymptome hervorrufen. Hierzu haben wir einen separaten Beitrag verfasst.) Ist es zur Blütezeit dauerhaft kühl und nass, können sogar die Blüten infiziert werden und absterben. (Diese Blütenpseudomonas ist beim Steinobst nicht sehr häufig, sondern tritt eher bei empfindlichen Birnensorten auf, z. B. ‘Novemberbirne’ = ‘Nojabrskaja’.) Bedingungen, die zum raschen Absterben der Triebe führen, sind u. a. folgende:
- länger anhaltende Nässe im Boden,
- länger dauernde Feuchteperioden,
- Überversorgung der Pflanze mit mineralischem Stickstoff,
- starke Winterfröste ohne Schneedecke (Kahlfröste).
Die Krankheit kann bei sehr jungen wie bei älteren Bäumen spontan auftreten.

Vorbeugende Maßnahmen
Vitale Obstgehölze sind deutlich weniger anfällig als unter Stress stehende. Beschattung, Konkurrenz mit anderen Pflanzen/Bäumen um Wasser, Licht oder Nährsalze, Überschuss oder Mangel an Nährsalzen im Boden, zu feuchter Boden und Befall mit anderen Krankheiten oder Schädlingen fördern die Krankheit. Entsprechend gelten folgende Maßnahmen zur Vorbeugung:
- Bäume nicht auf den gleichen Ort pflanzen, an denen unmittelbar vorher ein kranker stand. Etwa zwei Meter Abstand zum alten Baum führen oft schon dazu, dass der junge Baum nicht mehr befallen wird.
- Den Boden nicht zu feucht halten: Bewässern Sie, sofern nötig, nur alle paar Tage, dafür aber kräftig. Vermeiden Sie in jedem Fall Staunässe.
- Da die Bakterien gerne über Wunden in die Pflanze eindringen, sollten Sie vermeiden, dass sie entstehen:
- Weißeln Sie im November die Stämme der Obstbäume. So gibt es weniger Frostrisse, die perfekte Eintrittspforten für Krankheitserreger sind.
- Schneiden Sie nicht bei feuchter Witterung.
- Erledigen Sie den Winterschnitt erst im März. So dauert es nicht lange, bis die Wundheilung einsetzt, weil die Vegetationsperiode gerade beginnt.
- Düngen Sie weniger Stickstoff, vor allem keinen synthetischen. Aber auch dicke Auflagen von frischem Mist oder Kompost sind zu vermeiden.
- Setzen Sie Pflanzenstärkungsmittel wie Gesteinsmehle, Schachtelhalmextrakt, Kompostextrakt oder Brennesselsud ein.

Was tun, wenn Bakterienbrand auftritt?
Ein Ausschneiden von Infektionsstellen, die den Trieb/Ast/Stamm nicht ganz, sondern erst teilweise umfassen, ist in aller Regel nicht sinnvoll und führt nicht zur Verbesserung der Situation. (Bei Infektionsstellen des Obstbaumkrebses kann dies anders sein.)
Sind nur einzelne Triebe des Baumes betroffen, schneiden Sie diese großzügig unterhalb der Infektionsstelle ab. Sie müssen aber damit rechnen, dass in den Folgejahren weitere Triebe absterben, die Sie nach und nach herausschneiden müssen. Säen Sie auf der Baumscheibe für zwei bis drei Jahre eine Mischung aus Ringelblumen und Tagetes an. Düngen Sie auf keinen Fall mineralischen Stickstoff („Kunstdünger“), sparen Sie auch sonst mit Düngergaben. Gut bewährt hat es sich, den Baum und die darunter wachsenden Pflanzen mit Pflanzenstärkungsmitteln wie Gesteinsmehl, Schachtelhalmextrakt, Brennesselsud o. ä. zu behandeln. Beginnen Sie damit gleich beim Austrieb bis in den Spätsommer hinein im Abstand von etwa zwei Wochen. Zum Austrieb, wenn noch keine Blätter vorhanden sind, verwenden Sie bevorzugt Gesteinsmehl. Weißeln Sie im November den Stamm und die dickeren Äste.
Ist der Stamm befallen, hilft nur ein Roden des gesamten Baumes. Entfernen Sie auch alle dickeren Wurzeln. Bei großen Bäumen ist es dazu sinnvoll, mit einem Minibagger die Wurzeln freizulegen.

Kann ich auf die gleiche Stelle sofort einen Baum nachpflanzen?
Davon kann man nur abraten. In aller Regel wird der neu gepflanzte Baum innerhalb weniger Jahre ebenfalls an einer Pseudomonas-Infektion absterben. Sie können nach Steinobst aber einen Kernobstbaum pflanzen. Kernobst ist deutlich weniger anfällig als Steinobst. (Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch Kernobst an Bakterienbrand erkrankt, allerdings ist das Risiko gering.)

Was ist also zu tun?
Zunächst muss der Boden in einen Zustand versetzt werden, der es unwahrscheinlich macht, dass der Jungbaum wieder an Pseudomonas erkrankt. Dazu ist es ratsam, eine Gründüngung auszusäen mit Pflanzen, die erfahrungsgemäß zur Bodengesundung beitragen. Dazu zählen Tagetes und Ringelblumen. Sie können aber auch eine Mischung aus möglichst vielen verschiedenen Gründüngungspflanzen aussäen, mit denen an Ihrem Standort gute Erfahrungen gemacht wurden. Eine Mischung mit vielen verschiedenen Pflanzen ist z. B. die sog. Wolff-Mischung. Setzten Sie ihr etwas Tagetessaatgut zu. Es ist gar nicht so wichtig, wie viel genau. Auf der Fläche werden sich die Pflanzen durchsetzen, die für die Bodengesundung gerade am meisten benötigt werden. Sie können z. B. auch im ersten Jahr vorwiegend Tagetes, im zweiten Jahr eine Ringelblumen-betonte Mischung wachsen lassen. Lassen Sie die Gründüngung über Winter stehen und arbeiten Sie sie im Frühjahr nur oberflächlich ein. Düngen Sie die Gründüngung nicht mit mineralischem Stickstoff. Sparsame Gaben von gutem, reifem Kompost oder Mist (bevorzugt von Wiederkäuern) wirken positiv, ebenso Wurmkompost und Wurmkompostextrakte. Gedeihen die Pflanzen der Gründüngung gut und ist der Bestand gleichmäßig, können Sie es wieder „riskieren“, einen Steinobstbaum nachzupflanzen.
Als weitere Maßnahme gilt es, Probleme wie Staunässe, lang anhaltende Beschattung oder Bodenverdichtung zu beseitigen. Bodenverdichtungen entstehen oft, wenn nasser Boden mit schweren Maschinen befahren wird. Oft ist das bei Neu- und Umbauten am Haus der Fall. Sie können nur schwer und über viele Jahre wieder beseitigt werden. Am besten ist es, tief wurzelnde Gründüngungspflanzen über mehrere Jahre wachsen zu lassen. Wächst die Gründüngung wieder gut, wird auch der Obstbaum gedeihen.
Manch einer meint, er könne mit einem Austausch des Bodens die Probleme beseitigen. Das ist nach unserer Erfahrung in den meisten Fällen nicht der Fall. Das liegt vermutlich daran, dass mit einem reinen Austausch des Bodens oft nicht grundlegend die Bedingungen geändert werden, die dazu geführt haben, dass Pseudomonas-Bakterien zum Krankheitserreger werden.

Übrigens gibt es keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel, mit denen man Pseudomonas-Bakterien so dezimieren könnte, dass sie nicht mehr als Krankheitserreger fungieren können. Es ist auch eine Utopie, die Bakterien aus einem Stück Gartenboden entfernen zu wollen. Sie sind immer da und wohl auch notwendig für einen gesunden Boden. Nur müssen Sie die Bedingungen so ändern, dass sie nicht mehr zum Krankheitserreger werden. Dazu braucht man aber einen langen Atem - dann aber funktioniert es, zumindest in sehr vielen Fällen!