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Pfirsichbaum und Sauerkirschbaum schneiden: Die Besonderheiten

Autor: Dr. Michael Neumüller
Zuletzt bearbeitet: 13. Februar 2023

Pfirsiche

Was ist bei Pfirsich- und Sauerkirschbäumen anders?

Unser Ziel ist es, möglichst naturnah viele gesunde Früchte auf unseren Obstbäumen zu erzeugen. Voraussetzung für einen guten Fruchtbehang ist, dass die Obstbäume im Frühjahr gut mit voll ausgebildeten Blütenknospen besetzt sind. Apfel-, Birnen-, Süßkirschen- und Zwetschenbäume bilden die besten Blütenknospen an Kurztrieben, die sich im Vorjahr gebildet haben. Deshalb wendet man bei diesen Obstarten am besten die Erziehungsmethode an, die unter Obstbaumschnitt Spindel beschrieben ist. Dabei wird der Baum möglichst wenig geschnitten, und die meisten Seitentriebe werden waagrecht gebunden.
Anders verhält es sich bei Pfirsich- und Sauerkirschbäumen: Diese tragen die besten Blütenknospen an längeren vorjährigen Trieben. Deshalb müssen wir bei diesen Obstarten dafür sorgen, dass in jedem Jahr ausreichend viele, relativ starke Neutriebe gebildet werden, die im nächsten Jahr die besten Blütenknospen tragen. Schwache, kurze Neutriebe sind hier unerwünscht.
Dieses Ziel ist leicht zu erreichen, indem die Bäume alljährlich stark zurückgeschnitten werden. Denn je stärker der Rückschnitt erfolgt, desto stärker treibt der Baum wieder neue Sprosse. Wir verfolgen hier also eine grundsätzlich andere Strategie als bei Apfel, Birne, Süßkirsche und Zwetsche.

Von wahren und falschen Fruchttrieben

Beim Pfirsich unterscheiden wir zwischen „wahren” und „falschen” Fruchttrieben. Die wahren sind etwa bleistiftstark; in der Blattachsel der abgefallenen Blätter sitzen drei Knospen: mittig eine Blattknospe, rechts und links davon je eine Blütenknospe. Beim falschen Fruchttrieb befinden sich nur an der Basis und an der Spitze reine Blattknospen, alle dazwischenliegenden Knospen sind Blütenknospen. Sowohl wahre als auch falsche Fruchttriebe bilden also Blüten und Früchte aus. Bei den wahren treiben aber auch die vielen Blattknospen aus und bilden in unmittelbarer Nachbarschaft zu den wachsenden Früchten viele Blätter, die der Baum für die Ernährung der Früchte braucht. So wachsen große, saftige, süße und aromatische Früchte heran. An falschen Fruchttrieben bleiben die Früchte hingegen klein und qualitativ minderwertig, weil zu wenige Blätter in unmittelbarer Nachbarschaft vorkommen.
Die Schnittmaßnahmen zielen darauf ab, dass sich in der Krone möglichst nur wahre Fruchttriebe und keine falschen bilden. Bilden sich trotzdem falsche, werden diese auf Stummel von zwei Knospen zurückgeschnitten. An ihrer Basis befinden sich nämlich Blattknospen, die in der darauffolgenden Vegetationsperiode ein bis zwei wahre Fruchttriebe bilden. Die wahren Fruchttriebe werden um ein Drittel eingekürzt.

Gratis mit dazu: Bekämpfung der Kräuselkrankheit

Wer einen Pfirsichbaum im Garten hat, der kennt sie: Die Kräuselkrankheit des Pfirsichs. Im Mai/Juni kräuseln sich die jungen Blätter, sie werden dicker und überziehen sich mit einem weißlichen Belag. Dies ist das Myzel des verursachenden Pilzes. Er dringt bereits beim Knospenschwellen (Februar) in die jungen, noch in der Knospe geschützten Blätter ein.
Schädlich wird der Pilz aber in 99% der Fälle nur, wenn der Pfirsichbaum falsch, d. h. zu wenig stark geschnitten wird: Der Pilz befällt nur die ersten Blätter der jungen Triebe. Mitte Juni fallen die befallenen Blätter ab. Bei ungeschnittenen Bäumen bilden sich zwar viele, aber kurze Triebe, und die meisten Blätter dieser kurzen Triebe fallen durch den Pilzbefall ab. Dann stehen die unsachgemäß geschnittenen Pfirsichbäume beinahe nackt da und nehmen starken Schaden. Bei richtig geschnittenen Bäumen aber bilden sich viele Langtriebe, die 40 und mehr Blätter entwickeln. Wenn hier die untersten fünf Blätter eines Triebes abfallen, beeinträchtigt das den Baum kaum, denn es verbleiben ausreichend viele jüngere Blätter.
Übrigens: Sortenunterschiede in der Anfälligkeit gegenüber der Kräuselkrankheit gibt es, sie sind aber nur sehr gering und für die Praxis im Hausgarten nicht bedeutend.

Sauerkirschen

Viele Sauerkirschsorten, allen voran die ‘Schattenmorelle’, bilden ebenfalls bevorzugt am Langtrieb Blütenknospen. Daher ist auch hier wie beim Pfirsich jährlich stark zurückzuschneiden. Im Pflanzjahr ist der Schnitt genauso wie beim Pfirsich. Falsche Fruchttriebe gibt es bei Sauerkirschen aber nicht. Hier sitzen bei so gut wie allen Trieben seitlich nur Blütenknospen. Schneiden Sie ganz dünne Triebe auf Stummel zurück (wie die falschen Fruchttriebe beim Pfirsich), und lassen Sie bleistiftstarke Triebe ungeschnitten. Nach der Ernte entfernen Sie alljährlich die Triebe, die Früchte getragen haben, indem Sie sie auf einen stammnäher entspringenden jungen Seitentrieb zurückschneiden.

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